Fachidiot 1. Kapitel Teil 2

Ihr Haar war türkis und sie trug für die noch ziemlich kühle Frühlingsluft viel zu wenig Kleidung.
Ihr Bauch war unbekleidet und das was sie darüber trug wirkte wie der Brustschutz einer Magierrobe aus einem der Videospiele mit denen er sich die Nächte um die Ohren schlug. Um ihre Hüften schlang sich ein ebenso passender Gürtel aus Ranken und hielt vorne und hinten jeweils eine lange Stoffbahn die bis zu ihren Knien herab fiel.
Die Furchen auf seiner Stirn wurden tiefer und er versuchte schnellen Schrittes einen Bogen um sie zu machen. Er wollte nur in seine Universität und den Tag hinter sich bringen, und anschließend Schlaf nachholen.
Seine Taktik funktionierte nicht und die junge Frau blieb, noch immer mit beiden Armen gestikulierend, vor ihm stehen.
In ihrem Blick spiegelte sich Hoffnung und Freude wieder, als sie so nahe vor ihm stand fiel ihm auf das sie barfuß unterwegs war. Dazu hatte ihre Kleidung auch schon bessere Tage hinter sich gehabt. Sie war an manchen Stellen zerrissen und verdreckt.
Da sie ihn immer noch mit ihrem irren Geplapper seinen Kopf malträtierte hob er beide Hände und fiel ihr grob ins Wort.
Ja, alles klar. Gute Show, und jetzt geh zu deinen Freunden in den weißen Westen zurück, in Ordnung?“
Genervt ging er um sie herum und rückte sich mit Zeige- und Mittelfinger seine Brille zurecht.
„Mitten in der Woche und so früh am Morgen.... Cosplayer werden auch immer verrückter.“
Mit langen Schritten wollte er so schnell wie möglich Distanz zwischen sie und sich bringen, doch er kam nicht weit da riss jemand an seinem Ärmel und hielt ihn vom weitergehen ab.
Wütend fuhr er herum und wollte sie gerade für ihr unmögliches Benehmen an herrschen als er ihr Gesicht immer näher kommen sah.
Seine Augen weiteten sich, doch noch bevor er reagieren konnte prallte ihre Stirn fest gegen seine.
Hätte die Verrückte ihn nicht an der Kleidung gepackt, er wäre sicher einige Schritte zurück getaumelt und hätte sich unsanft auf dem kalten Waldpfad platziert.
SAG MAL SPINNST DU VÖLLIG?!“
Zornig riss er sich von ihr los und ging zwei Schritte zurück, vor Schmerzen stöhnend fuhr er sich mit beiden Händen unter sein wuscheliges, Pony und schob sein walnußbraunes Haar zurück. Vorsichtig tastete er die schmerzende Stelle ab und rechnete schon damit wenn er seine Fingerspitzen betrachtete, das sie mit einer roten Flüssigkeit bedeckt sein würden.
Tief zog er die Luft des Morgens in sich hinein und blähte seine Lungen während er sich in Gedanken schon überlegte was er ihr alles an den Kopf schmeißen sollte.
Ihr freudiger Blick mit dem sie über das ganze Gesicht strahlte nahm ihm den Wind aus den Segeln. Obwohl sich auf ihrer Stirn schon ein roter Fleck ausbreitete schien ihr die Kopfnuss nichts ausgemacht zu haben. Ihre beiden Handinnenflächen legten sich aneinander und sie flötete voller Glückseligkeit.
Jetzt verstehe ich deine Sprache! Das war also das Problem.“
Problem? Ich kann dir gleich ein Problem geben!“
Wütend rieb er sich mit einer Hand immer noch die Stirn und ging weitere Schritte rückwärts.
Mädel, Keine Ahnung was das für ein Spiel ist aber dafür habe ich keine Zeit und erst recht keine Nerven!“
Rasch machte sie einen Schritt auf ihn zu und legte ihm beide Hände auf die Brust. In ihren Augen spiegelte sich aufkommende Verzweiflung wieder und ihre Stimme wurde flehend.
Viele kleine Strähnen standen von ihrem glatten Haar in alle Himmelsrichtungen ab als hätte sie ihren Kopf die ganze Nacht durch Kissen gewälzt.
Bitte! Ich brauche deine Hilfe! Xii ist fort und ich kann sie nirgends finden.“
Sichtlich genervt von dem Theater schob er grob ihre Hände fort. Sicher würden ihre Freunde hinter dem nächsten Busch sitzen und sich totlachen. Vielleicht hatte sie auch eine Wette verloren und musste sich den ganzen Tag wie eine Irre verhalten die aus einer Klinik ausgebrochen war.
Gerade als er sich wieder abgewendet hatte schlang sie ihre Arme um ihn und drückte sich fest an seinen Rücken.
Er zog ganz langsam einen tiefen Atemzug der frischen Waldluft durch seine sich blähende Nase ein, und biss sich auf die Unterlippe um Ruhe zu bewahren, wenn er eines mehr hasste als sich mit irgendwelchen Fremden unterhalten zu müssen, war es wenn man ihn ungefragt berührte. Und diese Art von Berührung war eindeutig zu innig.
Mit vor Wut lodernden Augen sah er über seine Schulter und blickte in große, grüne Augen die ihn flehend ansahen. Ein verräterischer Schimmer vernebelte ihren Blick und ihre Unterlippe begann gefährlich zu zucken.
Ihre zarte Stimme drang wie ein Flüstern des Windes an sein Ohr. Sie brach fast, so sehr zitterte sie.
Bitte. Hilf mir sie zu finden. Sie ist irgendwo da draußen und könnte verletzt sein.“
Qualvoll rutschte der Kloß in seinem Hals hinunter bevor er ein resignierendes Seufzen von sich gab und beide Arme soweit anhob wie sie es in ihrem Klammergriff zuließ.
Ok, ok. Ich helfe dir, aber bitte fass mich einfach nicht mehr an.“
Sofort hellten sich ihre Züge auf und das Strahlen von vorhin kehrte zurück. Sie entließ ihn aus ihrer Umarmung und rannte schnellen Schrittes geradewegs in das Unterholz.
Als er nicht sofort folgte winkte sie ihn eilig heran.
Na komm schon! Mir nach!“
Er seufzte schwer, richtete seine Brille und folgte ihr weniger motiviert. Das ungute Gefühl beschlich ihn gerade in sein Verderben zu rennen.
Mit großen Schritten stieg er über Wurzeln und Sträucher, rümpfte die Nase als ihm der Gedanke kam wie viele Hundehaufen hier lauern könnten. Immer wieder musste die Verrückte auf ihn warten und trieb ihn zur Eile an. Der Untergrund auf dem sie sich bewegten schien ihr gar nichts auszumachen.
Sag mir mal wie diese... Xii denn überhaupt aussieht, und wie in aller Welt sie es geschafft hat sich in diesem Wald zu verlaufen?!“
Ihre Füße fanden ohne Probleme Halt auf einem alten Baumstamm der bereits von Moos und Pilzen in Beschlag genommen wurde. Während ihr Blick suchend umher schweifte beantwortete sie seine Frage.
Oh, stimmt! Sie hat rötliches Fell mit weißen Mustern. An ihren Beinen und Armen ist es schwarz. Sie müsste...“
„Toll, wir suchen deine Katze oder was?“
Verwundert blinzelte sie ihn an und legte fragend den Kopf zur Seite.
Katze?“
Ihm blieb nur noch eines übrig. Den Kopf zu schütteln und diesen Tag zu verfluchen bevor er überhaupt richtig begonnen hatte. Er fragte sich was er verbrochen hatte und ob er nicht lieber zu Hause geblieben wäre. Dann läge er nun in seinem bequemen Bett und würde den Schlaf der letzten Nacht nachholen.
Während er seinen Gedanken nachhing und ihr immer weiter in das Unterholz folgte fiel sein Blick erneut auf ihre Füße. Das feuchte Moos über das sie stieg hatte den größten Teil des Schmutzes beseitigt und ihm wurden all die kleinen Kratzer und Schürfwunden bewusst.

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