7.
Kapitel
Ein
Wind zerrte so stark an Philipps Armen und Beinen, dass er das Gefühl
hatte auseinander gerissen zu werden. So feste er nur konnte presste
er die Augen zusammen aber die hellen Blitze, in allen erdenklichen
Farben, nahm er noch immer deutlich war.
Mit
aller höchster Konzentration gelang es ihm endlich das los zu
lassen, was er die ganze Zeit so schmerzlich in seiner linken Hand
gehalten hatte, was war es noch gleich gewesen? Er wusste es nicht
mehr, aber es zerrte ihn fort von dem was wichtig war. Alles was
zählte, war sich an dem anderen Ding in seiner Rechten festzuhalten,
dem Stab Morendras.
Unter
einem Schrei, den er selbst nicht hören konnte, gelang es ihm sich
nun mit beiden Händen an dem heiligen Relikt der Ellydren fest zu
klammern.
Plötzlich
wurde alles um ihn herum dunkel, und er befürchtete schon das sein
Ende gekommen war, bis er ein Geräusch wahr nahm das er sehr gut
kannte, aber schon einige Tage nicht mehr gehört hatte.
Das
Hupen eines Autos und eine Folge an üblen Flüchen die sich zwei
verärgerte Fahrer entgegen warfen. Wörter fielen nach deren
Bedeutung ihn Lilly einst gefragt hatte, und er ihr antwortete das
sie das besser nicht wissen sollte.
Ruckartig
öffnete er die Augen und ließ den Blick umher schwirren. Es war
dunkel, eher später Abend als mitten in der Nacht, ein Eichhörnchen
schnatterte von dem großen Walnussbaum hinunter, und als er den
Blick senkte, registrierte er, dass er mit beiden Füßen in den
frisch gepflanzten Blümchen seiner Mutter stand. Direkt neben ihrem
Heiligtum, dem Gemüsegarten.
Sie
war Floristin, niemand außer ihr durfte ihren Beeten nahe kommen,
schon gar nicht beide Füße hinein setzen und alles verwüsten. Nun
gut, etwas um das sich der junge Bursche im Moment keine Sorgen
machte.
Ihm
gegenüber stand Lilly. Ihre Knöchel waren weiß, so feste klammerte
sie sich an den Stab Morendras. Ihre Gesichtsfarbe war auch schon mal
gesünder gewesen.
Die
Äste auf ihrem Kopf bildeten sich langsam zurück, genau wie die
Blätter und die Ranken die ihren Körper verdeckten.
Eilig
zog sich Philipp die Sweatjacke aus und legte sie noch gerade
rechtzeitig um ihre Schultern, bevor die Blätter gänzlich
verschwanden.
„Wir...
ich bin wieder zu Hause!“ Philipp keuchte vor Erleichterung auf und
schloss für einen Moment die Augen. „Danke!“ Lilly antwortete
nichts, und schlüpfte durch die Ärmel um den Reißverschluss
zuzuziehen.
Ein
Surren erklang, brachte die kühle Nachtluft um ihn herum zum
Schwingen. Dazu, sich Gedanken zu machen was es wohl bedeuten könnte,
kam er nicht, schon in der nächsten Sekunde rauschte etwas direkt
neben ihm vorbei und bohrte sich tief in das Blumenbeet seiner
Mutter.
Scharf
zog Philipp die Luft ein als er registrierte was da gerade vielleicht
zehn Zentimeter neben ihm nieder gegangen war. Er starrte auf das
Schwert das er im Flug durch Raum und Zeit los gelassen hatte, und
das ihm auf Dravasuum sehr hilfreich gewesen war.
Wie
benommen taumelte er einige Schritte zurück und trampelte bei der
Gelegenheit gleich noch ein paar mehr Blümchen nieder.
„Philipp
pass doch auf!“ Lilly belegte ihn mit einem finsteren Blick.
In
seinem Kopf drehte sich alles im Kreis, gerade eben hatte er noch in
einer fremden Welt gegen eine Hexenmeisterin gekämpft und nun stand
er wieder zu Hause in seinem Garten. Er war nur wenige Tage fort
gewesen, aber seine Eltern mussten doch umgekommen sein vor Sorge!
Wie
von der Tarantel gestochen sauste er um das Haus herum und drückte
mehrmals auf die Klingel. Im Ganzen Haus war nicht an einem Fenster
Licht zu sehen, niemand kam um ihm die Tür zu öffnen. Endlich fiel
ihm ein, das er doch den Schlüssel immer praktischerweise mit einem
Schlüsselbändchen an seiner Jeans befestigt hatte.
Eilig
griff er in seine Tasche, voller Panik ihn in der anderen Welt
verloren zu haben, und zog erleichtert den Türschlüssel hervor.
Als
er in den Flur hinein gestolpert kam sah er schon das rote Licht des
Anrufbeantworters blinken.
Ohne
zu zögern brachte er das kleine Gerät zum Sprechen. Es ertönte die
genervte Stimme seiner Mutter.
„Hallo
Phili! Hör mal, dein Vater und ich bleiben heute noch im
Krankenhaus.
Louisa
geht es blendend, aber die Ärzte wollen noch ein paar Untersuchungen
machen um sicher zu gehen.
Wir
können es selbst kaum glauben das sie nach dem Unfall keinen
einzigen Kratzer mehr hat.
Dabei
sagten sie uns gestern noch...“
Die
Stimme seiner Mutter begann zu beben und er erinnerte sich mit einem
Schlag wieder was als letztes passiert war. Seine Schwester war bei
einem Autounfall angefahren worden und lag im Sterben. Lilly hatte
sie geheilt, somit ihr Leben gerettet.
Die
Stimme seines Vaters erklang, ruhig wie immer, und er sagte nochmal
das sie sich morgen sehen werden, und das alles in Ordnung sei.
Philipp
runzelte die Stirn und rannte weiter die Treppe hinauf, das musste
heißen das seit seinem Verschwinden nicht mal ein Tag vergangen war.
In seinem Zimmer angekommen, stürzte er direkt auf sein Smartphone
das auf dem Schreibtisch lag.
Tatsächlich,
es war der Abend des Tages an dem er mit Lilly und Xii in den Wald
gegangen war um den Stab zu suchen. Der Tag an dem er in die andere
Welt gepurzelt war.
Ein
tiefer Seufzer der Erleichterung entrann seiner Kehle, vorsichtig
legte er sein Smartphone wieder zurück auf den Tisch und zog sich
die Brille von der Nase. Mit geschlossenen Augen massierte er seine
Schläfen. Scharf zog er die Luft ein als er die kleine Beule
berührte.
Shorana
hatte ihn nicht gerade sanft gegen die Steinwand geschleudert, es war
ein Wunder für ihn das er sich nichts gebrochen hatte. An seiner
Stirn klebte noch immer getrocknetes Blut.
Feste
presste er die Lippen zusammen und setzte sich die Brille wieder auf,
er schollt sich ein Weichei, er selbst war wohl von allen zusammen am
wenigsten bei dem Kampf verletzt worden.
Lilly!
Sie hatte er einfach wortlos im Garten stehen lassen. Philipp
wirbelte herum und wäre fast mit ihr zusammen gestoßen.
Ihre
großen, grünen Augen blickten fragend zu ihm auf. „Ist alles in
Ordnung?“
„Ja!
Hier ist nicht mal ein Tag vergangen! Was ein Glück. Außer ein
wenig Kopfschmerzen geht es mir gut. Und wie sieht es bei dir aus?“
Das
Lächeln auf ihren Zügen wirkte müde, aber kein wenig aufgesetzt.
Vorsichtig hob sie ihre Hand und berührte seine Schläfe, in ihren
Augen spiegelte sich leichte Besorgnis wieder.
„Die
Wunde sollte ich heilen Philipp, sie schaut nicht gut aus.“
Grob
schob er ihre Hand fort und machte eine wegwerfende Bewegung.
„Niemals.
Du hast heute schon genug Lebenszeit vergeudet! Hätte ich gewusst
was du vor hast, hätte ich eher dir den Kopf abgeschlagen anstatt
Shorana.“
Sein
finsterer Blick ließ Lilly einen langsamen Schritt zurück gehen.
Ihre Augen richteten sich auf eine Ecke an der kleinen Treppe, die zu
der Galerie hinauf führte, wo sein Bett stand. Dort lehnte sie
Morendras an und strich beim Loslassen über das dunkle Holz.
„Das
war mein Vorhaben. Meine Lebenszeit zu verschenken, nicht sie zu
vergeuden. Aber um deinen Zorn vielleicht zu mildern, es kam nicht
dazu. Mein Zauber wurde abgebrochen.“
„Aber
Shorana war deutlich jünger.“
Lilly
nickte und blickte ihn wieder an. „Mein Ziel war sie wieder zu
einem Baby zu machen, darauf konzentrierte ich mich. Erst wenn dieses
eingetreten wäre, hätte ich meinen Preis bezahlt.
Shorana
wäre, hätten wir es noch erlebt, in wenigen Minuten wieder
gealtert.“
Philipp
wirkte sichtlich erleichtert, doch nicht lange, da überzog sein
Gesicht erneut ein wütender Schatten. „Deinen Bruder kann ich zwar
nicht ausstehen, aber ich muss ihm in dem Punkt zustimmen, dass dein
Vorhaben riesiger Mist gewesen wäre.
Von
eurem Leben in den Wäldern, oder eurer Vergangenheit verstehe ich
nichts, aber ich fühle wie groß dein Herzenswunsch ist euer Volk
aus dem Exil zu bringen.
Das
erreichst du aber nicht wenn du Lebensjahre um dich wirfst wie
Bonbons an Karneval.“
Lilly
antwortete auf seine Worte mit einem Nicken und ließ den Kopf
sinken. Mit zitternden Händen fixierte sie irgendeinen Punkt auf dem
Teppich seines Zimmers.
Kleine
Tropfen perlten von ihrem Kinn und fielen zu Boden. Ein lautes
Schluchzen brachte ihren Körper zum beben.
Seufzend
ließ Philipp die Schultern Kreisen und verzog das Gesicht, sein
Rücken schmerzte. Er ging auf sie zu und legte eine Hand auf ihre
Schulter. Gefühlte Minuten starrte er einfach nur auf ihren
gesenkten Kopf. In seinem Verstand schwirrten tausende von Wörtern
umher, das sie besser auf sich achten sollte, weil sie wichtig war,
er hatte es ja nicht böse gemeint. Nein Moment, eigentlich hatte er
es ganz genau so gemeint. Ihr musste mal der Kopf gewaschen werden.
Aber
so schluchzend wie sie vor ihm stand, tat sie ihm einfach nur leid.
Seine
Lippen wurden blass, so feste presste er sie aufeinander, ein Freund
der Worte war er noch nie gewesen, eigentlich hätte er sie sogar
recht gern in den Arm genommen, aber auch damit hatte er es nicht so.
„Du
siehst schrecklich aus. Nimm am besten ein Bad, danach fühlst du
dich wieder besser.“
Lilly
schluchzte noch lauter und fiel ihm um den Hals. Sie schlang die Arme
so fest um ihn, das er fast das Gleichgewicht verloren hätte.
„Alles
was ich mir gewünscht habe war Frieden. Dass dieses Leben in
Abgeschiedenheit und Furcht wieder endet. Das unsere Völker wieder
voneinander lernen, und begreifen das es nicht immer gut ist an der
Vergangenheit festzuhalten.“
Ihre
Gesicht vergrub sich in dem Stoff seines Pullovers, die sonst so
heitere Ellydre nun so aufgelöst zu sehen, brachte sogar sein Eis
zum schmelzen und er begann vorsichtig ihren Rücken zu tätscheln.
„Nun
wird alles wieder besser. Shorana kann niemandem mehr gefährlich
werden, und du hast Morendras wieder.“ In seinen Gedanken tauchten
die Bilder des Morgens wieder auf. Die starren Augen der Dorfbewohner
wie sie zu ihm auf Blickten, der Marktplatz der zu einem Schlachtfeld
geworden war.
Philipp
schloss die Augen und legte seine Arme fester um Lilly, ganz langsam
schmiegte er sogar seine Wange in ihr Haar. Nichts was er hätte
sagen können, würde das Ende dieses Tages besser machen. Es war ein
Tag voller Tod und Zerstörung gewesen. Ein Tag an dem sie viel
gewonnen und viel verloren hatte.
Minutenlang
standen sie so inmitten seines Zimmers, schweigend und sich tröstend,
bis Lillys Tränen schließlich versiegt waren. Zögerlich löste sie
sich wieder von ihm und wischte sich die letzten Tropfen aus den
Augenwinkeln.
„Ein
Bad würde mir jetzt wirklich gut tun. Bei all der Flüssigkeit die
ich verloren habe.“
Philipp
sah auf den nassen Fleck seiner Brust und schmunzelte.
„Sieht
so aus. Ich lasse dir Wasser ein.“
Nachdem
beide ihre Kräfte bei einem heißen Bad wieder aufgefrischt, und
Philipp eine Kanne Tee für sie gekocht hatte, stockte er kurz als er
sein Zimmer wieder betrat.
Lilly
saß auf dem Boden, gehüllt in bequeme Wäsche die er ihr einmal für
die Nacht gekauft hatte, und blätterte angeregt in dem Buch das
Shorana gehörte, zumindest bis zu diesem Tag. Stumm ließ er sich
neben ihr im Schneidersitz nieder und schenkte ihnen beiden eine
Tasse voll ein.
„Was
steht drin?“
Lilly
runzelte tief ihre Stirn und drehte das Buch einmal komplett herum.
„Ich weiß es nicht. Wir Ellydren können nicht lesen. Nur eure
Schrift kann ich, weil ich sie lernte als ich mir die Eigenschaften
deines Gehirns angeeignet habe.“
Zu
gut erinnerte er sich an die Kopfnuss die er damals von ihr bekommen
hatte. Wenn er an ihre erste Begegnung zurück dachte, bekam er heute
noch Kopfschmerzen.
„Ihr
könnt nicht lesen und schreiben?“
„Nein,
wofür denn?“, fragte Lilly ihn mit schief gelegtem Kopf. „Wir
kommunizieren mit Wörtern und Pflanzen. Oder mit Tieren, wie Ooku es
tat als er Uri in den Hain sandte.“
„Wie
reicht dann Uri die Botschaft weiter?“
„Na
durch das Bewusstsein. Ähnlich wie wir Xii verstehen können, wenn
sie in ihrer Tiergestalt mit uns redet. Nur das wir nicht ihre
Stimmen direkt hören. Sie sagen es uns... einfach so.“
Nachdenklich
kratzte Philipp sich am Hinterkopf und zog scharf den Atem ein, die
Verletzung hatte er fast vergessen. Dann streckte er die Hand nach
dem Buch aus und bat Lilly es ihm einmal zu reichen.
Es
war in schwarzes Leder gehüllt, alle Ecken waren mit filigranen
Winkeln aus Silber versehen, an manchen Stellen war es stark
abgegriffen. In der Mitte des Buchdeckels ruhte ein schwarzer
Edelstein, welcher in das Leder eingefasst war. Zögerlich fuhr er
mit dem Finger drüber. Er war kalt und unbedeutend.
Irgendwie
hatte er etwas anderes erwartet von dem Buch einer Hexe, das es sich
von allein aufschlug, Blitze hinaus schossen oder es zumindest eine
unheilverkündende Aura aussenden würde. Nichts von all dem traf zu.
Es fühlte sich an wie ein ganz normales Buch. Enttäuschend.
Dennoch
behandelte er es wie ein rohes Ei, als er es aufschlug, irgendwo
mittendrin.
Es
geschah... Nichts.
Mit
dem Mittelfinger seiner rechten Hand rückte er seine Brille zurecht
und betrachtete den Text vor sich. Die Seiten waren gelblich und
verschlissen, jemand hatte fein säuberlich Verschiedenes in
schwarzer Tinte hinein geschrieben.
„Kannst
du es denn lesen?“ Lilly luchste neugierig über seine Schulter.
Philipp brauchte einen Moment bis er antworten konnte da er ihre
Brust durch den dünnen Stoff viel zu gut an seinem Arm spüren
konnte. Er räusperte sich und beugte sich noch weiter vor, blätterte
einige Seiten weiter.
„Leider
nein. Diese Schrift existiert bei uns nicht. Mir ist auch keine
bekannt die ähnlich ist. Die Schriftzeichen ähneln weder Runen,
noch irgendwas anderem was ich schon mal gesehen habe.“
Beim
durchblättern stieß er hier und da auf merkwürdige Zeichen die
vielleicht doch Runen darstellen könnten. Auch Zeichnungen von
grotesken Gestalten oder Pflanzen tauchten auf.
Plötzlich
ging ein Ruck durch seinen Körper als er eines der Wesen erkannte.
Auf
einer Seite befand sich eine detaillierte Zeichnung eines Faulvaruls.
„Dieses
Buch wird wahrscheinlich nichts gutes verheißen.“
Lilly
nahm es ihm vorsichtig aus den Händen und betrachtete die Zeichnung.
Sie war wirklich identisch mit dem Aussehen eines echten Faulvaruls.
„Mein
Freund hier hat mir davon erzählt sagte Shorana. Sie klopfte dabei
auf den Beutel mit diesem Buch. Hier drin hat sie irgendwas von uns
Ellydren gelesen und das sie Morendras mit der Hilfe unserer Seelen
befehligen könnte.
Ich
denke niemand hat etwas dagegen wenn ich es behalte. Vielleicht finde
ich ja jemanden der es lesen kann.“
Philipp
nickte gedankenverloren vor sich hin als er Lilly dabei betrachtete
wie sie das Buch direkt neben Morendras ablegte.
„Im
besten Fall können dir Xii oder Ooku helfen.“
„Ooku
wird rasen vor Zorn und mich gerade einen Kopf kürzer machen
wollen.“ Lilly musste sogar leicht lächeln während sie sprach.
„Ein Gutes hat die Zeitverschiebung, bis ich mir überlegt habe was
ich nach meiner Rückkehr mache, wird seine Wut schon etwas verflogen
sein.
Dennoch
sollte ich mich morgen wieder auf den Rückweg machen, damit nicht zu
viel Zeit vergeht.“
Philipp
betrachtete den Inhalt seiner Tasse und schmunzelte.
„Ich
will dich nicht in deinem Enthusiasmus bremsen, aber mir erschien er,
als würde er nicht ganz so schnell vergessen können.“
„Er
ist ein Stinkstiefel, wie ihr Menschen sagt, aber er meint es
eigentlich immer nur gut. Als unser Vater umkam hat er viel
Verantwortung für unser Volk übernehmen müssen.“
Wieder
trat eine Weile des Schweigens ein, bis jeder seinen Tee ausgetrunken
hatte. Philipp dachte über Ookus Worte nach, das Lilly ihm mit ihrer
Seele alles zeigen könnte, und er dann verstünde wieso er die
Menschen so hasste.
Nach
langem Hadern blickte er sie aus dem Augenwinkel an.
„Kannst
du mir zeigen was damals passiert ist? Mit den Menschen. Ich möchte
verstehen wieso diese Kluft zwischen euch entstanden ist.“
Ihr
Kopf schnellte zu ihm herum, verwundert weitete sie ihre Augen und
berührte automatisch ihre Seele. Ein heller Bernstein der direkt
unter ihrem Schlüsselbein in die Haut eingebettet und von einen
dünnen Kranz Rinde umschlossen war.
„Woher
weißt du... Ooku?“
Philipp
nickte und Lilly blinzelte einige Male. Rasch blickte sie zu Boden,
ihre Wangen verdunkelten sich sichtlich in Windeseile. „Was hat er
dir darüber gesagt?“
„Eigentlich
nur, dass wenn ich es verstehen will, dich fragen soll ob du es mir
mit deiner Seele zeigen kannst.“
Fast
schon schüchtern blickte sie zu ihm auf und fuhr mit ihren Fingern
über den Bernstein.
„Der
Blick in eine Seele ist etwas sehr intimes. Du tauchst in sie ein,
fühlst alles was ich fühle.
Da
ich dein gesamtes Wesen in mich aufnehme, werde ich auch ebenso einen
Blick in deine Seele werfen können. Es ist als würden wir unsere
bisherigen Leben vollkommen vor dem anderen darlegen. Du wirst alles
über mich wissen und ich alles über dich. Eine Verbindung die nie
im Leben wieder getrennt werden kann.“
Philipp
entglitt der Henkel seiner leeren Teetasse die er noch in Händen
gehalten hatte. Das plumpe Geräusch wirkte viel zu laut in der
entstandenen Stille während er sie aus weit aufgerissenen Augen
einfach nur anstarrte.
„Philipp...?“
Er
schüttelte seinen Kopf und rückte die Brille zurecht während er
sich laut räusperte.
„Das
wusste ich nicht. Geht das denn... mit irgendeinem Ritual oder so was
einher?“ Auch wenn er um einen festen Ton bemüht war, seine Stimme
geriet ins Stocken. Um so nüchterner wirkte ihre Antwort. „Nein,
du legst einfach deine Hand darauf.“ Sie tippte beim Sprechen auf
ihre Seele.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen